Donnerstag, 20. Februar 2014

Aus 12 mach 6, aus Kenia mach Deutschland!



Hallo ihr Lieben,

erst einmal möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich euch wieder mehrere Wochen ohne Lesestoff gelassen habe! Meine letzten Wochen waren so unglaublich nervenaufreibend und so Einiges hat sich geändert, wie zum Beispiel das Land, in dem ich mich gerade befinde…viele haben es mit Sicherheit schon mitbekommen, dass ich seit fast zwei Wochen wieder in Deutschland bin!
Aber nun das Ganze von vorne:

Durch meinen letzten Eintrag wisst ihr, dass wir ein Mid Term Camp im Januar hatten, bei dem wir unsere Sorgen und Probleme ansprechen konnten. Eine Sorge war unser Visum, dass in Kürze ablaufen sollte und wir nicht verlängern konnten. Eingereist sind wir mit einem Touristenvisum für drei Monate. Als die drei Monate vorbei waren mussten wir nach Nairobi, um es zu verlängern. Soweit so gut – die nächsten drei Monate waren gesichert. Leider kann man dieses Visum nur einmal verlängern, sodass das Ablaufdatum ‚09.02.2014‘ uns ziemliche Bauchschmerzen bereitet hat. Das ganze Visum-Problem hätte ganz einfach gelöst werden können, wenn wir unsere Arbeitserlaubnis bekommen hätten, auf die wir auch schon seit der Einreise gewartet haben. Aber leider hat der Präsident Kenias sich dazu entschlossen nach dem Westgate Anschlag ein neues Gesetz zu veranlassen, dass für eine Arbeitserlaubnis nun 200.000 Ksh (ca. 1.690 Euro) bezahlt werden muss.
Beim Camp haben wir dahingehend also lange Diskussionen geführt und unsere Möglichkeiten besprochen, die sich allerdings darauf beschränkten, Ostafrika zu verlassen und wieder neu einzureisen (eine illegale Möglichkeit), direkt nach Deutschland zu fliegen und somit den Freiwilligendienst abzubrechen, oder geduldig sein und abwarten, was ICYE Kenya da noch regeln kann. Natürlich haben wir uns dann gezwungenermaßen für die letzte Möglichkeit entschieden.

Somit sind wir dann also nach unserem Mid Term Camp mit den Worten „be patient“  zurück in unsere Familien und Projekte gegangen und das bange Warten begann…und wir haben gewartet, gewartet, gewartet und gewartet! Inzwischen hatte sich auch die deutsche Partnerorganisation ICJA eingeschaltet und uns immer wieder neue Deadlines für eine Entscheidung gesetzt, ob wir eine andere Möglichkeit finden, oder den Flug nach Deutschland buchen müssen.
Die Tage vergingen, die Deadlines wurden immer wieder nach hinten verschoben und irgendwann wurde mir klar, dass ich für mich persönlich langsam eine Entscheidung treffen muss, da es mittlerweile nur noch neun Tage bis zum 09.02. waren und ich im Falle des Abbruchs noch den Flug umbuchen müsste, mich von allen verabschieden müsste, alles Wichtige wegen des Sportplatz-Projektes und den dazugehörigen Spenden klären müsste und und und. Das kann ich nunmal leider nicht innerhalb von zwei, drei Tagen regeln, da viel zu viel Verantwortung damit einhergeht.
Also habe ich nach langen Überlegungen und Telefonaten mit meinen Eltern, der Organisation und Freunden den Schritt gewagt und für mich persönlich entschieden, dass es keinen Sinn mehr macht noch länger zu warten und habe den Flug umgebucht auf den 08.02.2014.
Somit stand es fest: Aus meinem Freiwilligendienst in Kenia für ein ganzes Jahr wurde ein Freiwilligendienst in Kenia für ein halbes Jahr. Mir fiel diese Entscheidung nicht leicht und ich habe lange hin und her überlegt, aber letztendlich bereue ich sie nicht. Ich nehme mir lieber die Zeit, um mich vernünftig von den Menschen zu verabschieden, die ich dort lieben gelernt habe, anstatt innerhalb von 2 Tagen sagen zu müssen „Tschüss Leute! War schön mit euch, aber ich bin dann mal weg!“ und alles stehen und liegen zu lassen, was ich in den letzten Monaten dort begonnen habe, ohne es in guten Händen zu wissen.
Der Abschied fiel mir nicht leicht, aber ich weiß auch, dass es nicht das einzige Mal für mich in Kenia war. Schon dieses Jahr werde ich, wenn alles gut läuft, wieder hinfliegen, um meine Gastfamilie, die Mädchen der Manga Girls Primary School und meine Freunde zu besuchen und zu sehen, was aus dem Sportplatz geworden ist.

Um euch auch alle Infos zu geben: 
Wenige Tage vor meinem Rückflug kam die Nachricht von ICYE Kenya, dass es die Möglichkeit gibt für einen weiteren Monat ein kostenpflichtiges Visum zu bekommen, damit mehr Zeit da ist, um es weiter mit der Arbeitserlaubnis zu versuchen. Da es jedoch nicht 100%ig klar war, ob es in dieser Zeit überhaupt möglich ist, die Erlaubnis zu bekommen, bin ich bei meiner Entscheidung geblieben. Insgesamt waren wir dann 6 deutsche Freiwillige, die sich aus verschiedenen Gründen dafür entschieden haben am 08.02.14 in den Flieger nach Deutschland zu steigen. 9 deutsche Mitfreiwillige sind dagegen noch vor Ort und müssen weiter bangen, ob sie die Arbeitserlaubnis bekommen oder nicht. Also an alle, die das hier lesen: Daumen drücken für meine Mitfreiwilligen, dass sie ihr Jahr zu Ende machen können!!!

So und nun gibt es in Stichpunkten meine Erlebnisse der letzten Wochen in Kenia und der ersten Wochen in Deutschland:


  • Am Samstag vor unserem Mid Term Camp haben Fariha, Steffi, Jana (Freundin von Steffi) und ich eine Führung durch den ‚Mathare Slum‘ in Nairobi bekommen. Herumgeführt hat uns Ariff, ein local volunteer, der direkt neben dem Slum aufgewachsen ist und im Slum zur Schule gegangen ist und sich somit sehr gut dort auskennt. Es war ein sehr seltsames Gefühl in diesem Slum herumzulaufen und zu sehen, in was für menschenunwürdigen Verhältnissen die Menschen dort leben müssen. Für uns war das nur eine Führung durch den Slum, aber für die Menschen dort ist das ihr Zuhause. Vergessen werde ich diesen Tag jedenfalls nicht.

  • Die Mutter von Sheila (also Schwester meiner Gastmutter) hat am letzten Wochenende vor meiner Ausreise ein Kind bekommen und ich habe als Abschiedsgeschenk die Fahrtkosten für die ganze Familie gezahlt, sodass wir alle die Familie meiner Gastmutter besuchen konnten und das Neugeborene sehen konnten. Es war ein sehr schöner und langer Tag und ich konnte mich auch gleichzeitig von meinen „Gasttanten, -großeltern, und –cousinen“ verabschieden.

  • Mein Abschiedsgeschenk an die Schülerinnen war ein großes Fotoshooting. Für jede Schülerin gab es ein Einzelfoto und ein Klassenfoto. Es hat unglaublich viel Spaß gemacht und sie haben sich sehr gefreut.

  • In den letzten Tagen in der Schule ist glücklicherweise endlich die große Maschine gekommen, die das Feld ebenerdig machen sollte. Einige Verspätung und einen kaputten Reifen später ist das Feld nun endlich flach und das Gras kann beginnen dort zu wachsen. Nun fehlen nur noch die Materialien, die aus Nairobi abgeholt werden müssen und dann ist der Sportplatz auch schon so gut wie fertig. :)

  • Der Pastor der Kirchengemeinde meiner Gastfamilie hat mich und Jackline zum Abendessen eingeladen, als er erfahren hat, dass ich frühzeitig gehen muss. Es gab leckere Bohnen mit Chapati und Kürbis zum Nachtisch. Seine Familie ist sehr sehr nett und hat mir zum Abschied ein schönes Tuch geschenkt, „da es in Deutschland ja sehr kalt sein soll, wie man sich so erzählt“ und sie nicht wollen, dass ich friere. :D

  • Ich bin am Mittwoch vor meiner Abreise nach Nakuru gefahren, um mich von meiner ältesten Gastschwester zu verabschieden. Sie geht dort aufs Internat und wusste noch von nichts, da im Internat Handys und Telefonate verboten sind. Demnach hatte sie erst ein strahlendes Gesicht, als sie mich gesehen hat, wurde dann aber sehr schnell traurig, als ich ihr erzählen musste, dass ich gehen muss. Ich habe ihr Süßigkeiten mitgebracht und wusste nicht, dass ich damit in ein Fettnäpfchen trete, weil auch die dort verboten sind. Yvonne hat sie aber mit Hilfe einer Freundin ins Klassenzimmer schmuggeln können, ohne dass es jemand gemerkt hat.

  • In Nairobi war ich einige Tage vor Abfahrt und habe mich dort von meinem Gastvater und meiner Gasttante verabschiedet. Ich habe unerwarteter Weise noch einen lieben Abschiedsbrief von meiner Gastfamilie bekommen, was mich sooooo gefreut hat, weil es in der ganzen Zeit, in der ich da war, nicht einmal vorgekommen ist, dass meine Gasteltern einen Brief für irgendwen geschrieben haben.

  • Am Freitag war ich dann noch im Nairobi Sports House, um die Materialien für den Sportplatz zu bezahlen und zu gucken, ob die Lieferung schon da ist.

  • Freitag Abend waren wir nochmal zum Abschluss kenianisch feiern. Es waren fast alle Freiwilligen dort und so konnte ich mich noch von allen verabschieden.

  • Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch bin ich dann Samstagmorgen in den Flieger gestiegen und mit einem noch mulmigerem Gefühl am Nachmittag ausgestiegen.

  • Der Empfang am Flughafen war überwältigend. Ich habe nicht mit so vielen Freunden und Verwandten gerechnet, die mit Plakaten, Luftballons und sogar Miniatur-Muffins hinter der Schiebetür auf mich warten. Ich hatte mir zwar vorgenommen nicht eine Träne zu vergießen, aber als ich meine ganzen Lieben dann gesehen habe, ist sogar nicht nur eine geflossen. :D

  •  Die ersten Tage in Deutschland war ich abgelenkt durch Familienbesuche und es war sehr schön alle wieder zu sehen.

  • Das Wort „komisch“ ist mir mehr als häufig in den letzten Tagen über die Lippen gekommen, weil ich es anders einfach nicht beschreiben kann, wie es ist, nach so langer Zeit wieder in Deutschland zu sein.


Eins steht jedenfalls fest: Die Erfahrungen, die ich in diesen 6 Monaten gemacht habe, kann mir keiner mehr nehmen und ich bereue keine einzige Sekunde, die ich in Kenia verbracht habe!!!

Nakupenda Kenya <3 Don’t worry, I’ll come back some time!!!

Mit ganz lieben Grüßen,
eure Lara Moraa Obara Langenberg